22 Dezember 2005

Jagdwurst

Vor einigen Tagen hatte ich das Vergnügen einen guten Bekannten wieder zu treffen, sein Name Kevin Schütze (Anm. d. A. Name des Betreffenden geändert - oder auch nicht?). Es war auf einem S-Bhf, denn dort trifft man sie ja, die Menschen.

Galant plauderte er mit einem jungen Mädchen, sein Redefluss wurde nur ab und zu von ihrem freundlichen Gekicher unterbrochen. Zaghaft überlegte ich, ob das junge Glück tatsächlich gestört werden sollte. Ich schüttelte kurz meinen Kopf angesichts meiner merkwürdigen Gedanken und sprach die Beiden an. Nach einem langen Gespräch machten wir beide, nein nicht die Dame und ich sondern wir beiden Männer, uns auf den Heimweg, wohnen wir doch nicht weit entfernt. Noch in der Bahn erzählte mir Kevin von seinem geplanten Festmahl, denn er kocht leidenschaftlich gern und womöglich gut. Es sollte Nudeln mit Tomatensosse mit angeschwitzen Zwiebeln an Jagdwurst geben.

Jagdwurst?

Ganz recht, an Jagdwurst. Ich gebe zu eine gewagte Kombination mit fragwürdigen Geschmack, doch es gibt die merkwürdigsten Sachen. Erregt erzählte er mir von seinem Essen, in seinen Augen zeichnete sich ein euphorischer Glanz ab. Es war offensichtlich, er liebt Jagdwurst. Ich muss zugeben, ich hasse Jagdwurst. Eines der größten zivilisatorischen Übel ist diese Perversion einer Wurst. Der geneigte Leser fragt sich nun - warum? Nun zuerst ist die Jagdwurst eine der billigsten Wurstarten, gleich neben der gefürchteten '1-A Landsalami' der Marke TIP. Doch nicht allein der Preis vernichtet jedes Verlangen auf diesen Brocken Fleisch, es ist insbesondere sein Herstellungsprozess. So wird jeder, nicht in seiner Gänze verwertbare, Bestandteil des Tiers in diese Wurst gepresst. Im wahrsten Sinne des Wortes, so werden Sehen, Knorpel, Hoden, Nasenschleimhäute etc. fein säuberlich gehäckselt und dem Ding zugegeben. Der Brei wird gewürzt, gefärbt und gepresst. Fertig ist die widerliche Jagdwurst. Doch damit nicht genug, jeder der schon einmal Jagdwurst o. ä. gegessen hat weiß wovon ich spreche. Hat man diese Wurst unter großem Ekel verzehrt und muss dann unter Umständen aufstossen (Kalle vom Bau würde 'rülpsen sagen) entwickelt die Jagdwurst ihr ganzes Potential. Es macht sich ein kaum zu ertragener süßlich, fauliger Geruch im Raum breit, der an seiner Penetranz kaum zu überbieten ist.

Doch zurück zu Kevin, er hatte sich also in den Kopf gesetzt Jagdwurst zu kaufen und dann auch noch zu essen. Doch er stand vor einem Dilemma, es war kurz vor Acht, die Zeit drängte und gleichwohl wollte er mich nach Haus begleiten aber auch seine geliebte Jagdwurst kaufen. Ich schlug vor, es in einem kleinen Laden zu versuchen. Gemäß seinem Vokabular ein sogenannter 'Spätti' (Spätkauf, Spätverkauf), als wir vor dem Schaufenster dieser kleinen Welt des exotischen Essens standen, blickte wir mit großen Kinderaugen in die Welt des Unerreichbaren und Köstlichen. Fein säuberlich aufgereiht standen dort Flaschen von Bier, Wein, Korn, Rum, Wodka und diversen anderen alkoholischen Getränken. An einem kleinen runden Tisch saßen drei adipöse Jugendliche (Kevin: 'Drei fette Kinder'), einer von ihnen war der Ladenhüter. Wir betraten ihr kleines Reich, ein einziger Kühlschrank zierte den Raum in ihm weitere Flaschen. Es gab wohl alles in diesem Laden, wenn man etwas trinken wollte, doch mit Sicherheit keine Jagdwurst. Kevin war anderer Meinung und fragte den dicken Jungen folgendes:

"Guten Abend, sagen sie: Führen sie auch Jagdwurst?"

Ich konnte mir ein Grinsen und ein kleines Kichern nicht verkneifen, völlig entgeistert schüttelte er nur seinen Kopf und verneinte. Kevin kam gesenkten Hauptes zurück und trat traurig seinen Heimweg an.

Ich war froh, denn wer weiß wie er nach ihrem Verzehr gerochen hätte.


ps: Nach einer kleinen Pause wird es auch noch morgen Abend einen zweiten Beitrag geben, jaha. Freude ist angebracht, denn ich werde die Besucherstatistik meiner Seite wissenschaftlich präsentieren und abschliessend bewerten.

5 Kommentare:

  • Richtigstellung

    Die Darstellung dieses Textes ist nicht gänzlich korrekt. Die dort geschilderte Person legt Wert auf folgende Tatsachen:

    1. "Galant plauderte er mit einem jungen Mädchen (...)" - Ich stelle fest, dass die Person kein junges Mädchen, sondern immerhin 25 1/2 Jahre alt ist. Somit trifft der Begriff "Mädchen" nicht im Geringsten zu. Sie hat sich lediglich gut gehalten. Positiv zu erwähnen ist allerdings das Wort "galant" in diesem Zusammenhang, denn: ja, so bin ich - galant.

    2. "(...), ob das junge Glück tatsächlich gestört werden sollte." - Hier wird eine Liebschaft, wenn nicht gar eine Beziehung vorgegaukelt. Ich dementiere das auf das Schärfste. Diese Klarstellung habe ich - leider - schon des Öfteren machen müssen und verbitte mir jedwede Anspielung.

    3."(...) mit fragwürdigen Geschmack." - Ich stelle fest, dass hier jeder Respekt bezüglich fremder Leute Essgewohnheiten fehlt. Jagdwurst schmeckt - um mal eine Lanze für diese Wohltat zu brechen - gerade wegen ihrer Zutaten. Der geschmackliche Nachhall kann nur als Vorzug dieser leckeren Wurst verstanden werden.

    4. "An einem kleinen runden Tisch saßen drei adipöse Jugendliche (Kevin: 'Drei fette Kinder')(...)" - Ich stelle fest, dass diese Kinder in keinstem Falle als adipiös bezeichnet werden können. Dieser Begriff dient nicht der tatsächlichen Beschreibung der drei Personen. Realiter waren es drei fette Kinder.

    Ich hoffe, der Leser kann sich auf die Zuverlässigkeit der restlichen Einträge verlassen.
    In diesem Sinne wünsche ich, auch dem Autor, ein frohes und beschwingtes Weihnachtsfest im Kreise der Liebsten, am besten nebst oder unterm Tannenbaum, bei stimmungsvollem Licht (meinetwegen auch Kerzenschein)und beheizter Raumluft. Wer möchte, kann auch in die Kirche gehen.

    Von Anonymous Der Kevin Schütze, bei 23 Dezember, 2005 02:55  

  • Die Verschmähung der "Jachtwurst" lässt mir keine Ruhe und hält mich offensichtlich von meiner notwendigen Nachtruhe ab. Deshalb fordere ich hier und jetzt (oder später) ein Forum mit der gewagten These

    Jagdwurst - verkannte Spezialität oder Untergang der westlichen Welt?

    zu erstellen, in dem man seine Meinung kundtun kann.


    Herzlichst,
    Kevin

    Von Anonymous Kevin, bei 23 Dezember, 2005 03:13  

  • Anmerkungen des Autors:

    Zu den Punkten 1,2 und 4, K. Schütze hat Recht.

    Zu dem Punkte 3, dieser Subjektivität widerspreche ich aufs Schärfste.

    Von Blogger kon, bei 23 Dezember, 2005 10:51  

  • Statistik?

    Von Anonymous Glenn, bei 23 Dezember, 2005 14:38  

  • Es gibt da nen Buchtitel, deor mior bei Betrachdung diesor Hömepage des öfteren in'nen Sinn kommt: "Warten auf Godot". Die Frage nach dor Stadistik is berächdigt! Und das Forum?

    Von Anonymous Andrea, bei 23 Dezember, 2005 14:59  

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